Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) sieht im Start der europäischen Staatsanwaltschaft „ein neues Kapitel im Kampf gegen Betrug und Korruption“ in der EU. Die Behörde sei „ein großer Schritt zur effektiveren Bekämpfung grenzüberschreitender Wirtschaftskriminalität und ein klares Signal gegen den Missbrauch von EU-Geldern“, erklärte Lambrecht am Montag. Sie verwies dabei auch auf den Schutz der Mittel aus dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Hilfsfonds der EU.
Die Europäische Staatsanwaltschaft in Luxemburg nimmt am Dienstag nach jahrelanger Vorbereitung ihre Arbeit auf. Die Behörde soll gegen Straftaten zu Lasten des EU-Haushalts vorgehen. Dabei geht es um Korruption, Geldwäsche, die Veruntreuung von EU-Geldern und auch um grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug.
Die Behörde kann auf nationaler Ebene selbst Ermittlungen führen, die Beschlagnahme von Vermögenswerten veranlassen, Haftbefehle gegen Verantwortliche beantragen und Anklage erheben. Vor Ort arbeiten sogenannte delegierte Staatsanwälte aus dem jeweiligen Mitgliedstaat. In Deutschland sind es elf, die in fünf Zentren in Berlin, Frankfurt, Köln, Hamburg und München angesiedelt sind.
Die SPD-Europaabgeordnete Katarina Barley kritisierte, dass Polen und Ungarn nicht an der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmen. Dies sei angesichts der Tatsache, dass beide Länder seit Jahren wegen umstrittener Justizreformen am Pranger stehen, „sehr dramatisch“, sagte sie vor Journalisten. Tatsächlich beteiligen sich nur 22 der 27 EU-Mitgliedstaaten. Auch Irland, Schweden und Dänemark sind nicht dabei.
Der aus Deutschland stammende stellvertretende Generalstaatsanwalt, Andrés Ritter, ging davon aus, dass die Behörde jährlich deutlich mehr als 3000 Fälle bearbeiten wird und deshalb bald schon mehr Personal benötigen wird. Die Staatsanwaltschaft gehe von einem Bedarf von 290 Stellen in der Luxemburger Zentrale aus, um etwa auch ausreichend Finanzanalysten und andere Experten zu beschäftigen, sagte er. Bewilligt seien bisher 130 Stellen.
Weiteres Problem ist, dass bisher erst rund zwei Drittel der teilnehmenden Länder alle ihre delegierten Staatsanwälte ernannt haben. Noch keinen einzigen Ermittler haben zum Start Finnland und Slowenien bestellt. Im Falle Deutschlands sind dagegen bereits alle elf geplanten Ermittler im Amt. Insgesamt ernannt sind bisher 88 Ermittler vor Ort, Ziel sind 140.