In Zypern haben die Bürger am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Die konservative Disy-Partei geht als Favorit in die Abstimmung, wird aber voraussichtlich erneut die Mehrheit verfehlen. Dies würde bedeuten, dass Staatschef Nicos Anastasiades weiterhin eine Minderheitsregierung anführen würde.
Beobachter rechnen damit, dass Protestwähler einen gewissen Einfluss auf das Wahlergebnis ausüben könnten, indem sie entweder der Wahl fern bleiben oder für die ultranationalistische Elam-Partei stimmen. In der Bevölkerung des Mittelmeerlandes herrscht starker Unmut über einen Korruptionsskandal rund um die Vergabe „goldener Pässe“.
Das EU-Mitglied Zypern hatte Reisepässe im Austausch gegen Investitionen vergeben. Der TV-Sender Al-Dschasira hatte vergangenes Jahr berichtet, hochrangige zyprische Beamte und Politiker würden Kriminelle aktiv bei der Bewerbung um diese „goldenen Pässe“ unterstützen. Inzwischen wurde die Vergabepraxis eingestellt.
Ein weiteres Streitthema ist die Migrationspolitik. Zypern hat nach Angaben der Statistikbehörde Eurostat die höchste Pro-Kopf-Zahl von Erst-Asylbewerbern innerhalb der EU. Angesichts der hohen Migrantenzahlen aus Syrien und anderen Ländern sprach die Regierung von einem „Ausnahmezustand“.
Die Teilung zwischen dem griechischen und dem türkischen Teil der Insel spielte im Wahlkampf anders als in den vergangenen Jahren nur eine untergeordnete Rolle. Zypern ist seit 1974 geteilt. Damals hatte die türkische Armee nach einem Militärputsch der griechischen Zyprer den Nordteil der Insel besetzt. Die letzten Friedensgespräche unter UN-Schirmherrschaft waren 2017 gescheitert.