Kritik an Ostbeauftragtem Wanderwitz von ostdeutschen Regierungschefs

Marco Wanderwitz - Bild: Marco Wanderwitz
Marco Wanderwitz - Bild: Marco Wanderwitz

Die Äußerungen des Ostbeauftragten der Bundesregierung, Marco Wanderwitz (CDU), zur teilweise fehlenden Verankerung der Demokratie in Ostdeutschland sind bei einem Treffen der ostdeutschen Regierungschefs mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Teil auf deutliche Kritik gestoßen. Er halte es für falsch, Menschen „unter Generalverdacht“ zu stellen, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Mittwoch als amtierender Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz Ost. Auch Merkel ging auf Distanz.

Wanderwitz hatte vergangene Woche in einem Podcast der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ davon gesprochen, dass Menschen in Ostdeutschland teilweise „in einer Form diktatursozialisiert“ seien, dass sie nicht in der Demokratie angekommen seien.

Laut Woidke und Merkel waren die Äußerungen auch Bestandteil der Beratungen in der Ministerpräsidentenkonferenz Ost. Einige der Anwesenden hätten zum Ausdruck gebracht, dass sie die Aussagen nicht teilten, sagte Brandenburgs Regierungschef. Er lehne es auch ab, dass beim Thema Rechtsextremismus nur mit dem Finger auf den Osten gezeigt werde. Dies sei eine Herausforderung für Gesamtdeutschland.

Merkel lobte zwar die aus ihrer Sicht „sehr gute Arbeit“ des Ostbeauftragten, ging aber zugleich auf Distanz zu dessen Äußerungen. Ihre Herangehensweise sei, dass in der Demokratie jede Bürgerin und jeder Bürger zähle. Es sei „natürlich beschwerlich“, wenn sich Menschen abwendeten. Aber sie werde sich damit nicht abfinden und weiter dafür arbeiten, „jeden für die Demokratie zu gewinnen“.

Die Ministerpräsidenten der ostdeutschen Bundesländer plädierten zudem dafür, die internationale Präsenz des Wirtschaftsstandorts Ostdeutschlands zu stärken. Das Ostdeutsche Wirtschaftsforum solle zu einem internationalen Forum weiterentwickelt werden und für den Standort werben, sagte Brandenburgs Regierungschef Woidke.

„Ostdeutschland hat beste Zukunftschancen“, betonte er. Als Beispiel nannte er den Ausbau der Erneuerbaren Energien, bei dem Ostdeutschland einen Vorsprung gegenüber dem Durchschnitt der westdeutschen Länder habe.

Auch bei der Ansiedlung von Bundesbehörden im Osten habe es in dieser Legislaturperiode deutliche Fortschritte gegeben, aber noch sei Ostdeutschland dabei nicht auf Augenhöhe mit dem Westen, so Woidke. Die Politik müsse fortgesetzt werden, vor allem für solche Ansiedlungen, die direkte Auswirkungen auf Wirtschafts- und Industriestrukturen hätten.

Außerdem unterstützen die sechs Bundesländer den Vorschlag der Kommission „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ für die Errichtung eines „Zukunftszentrums für Europäisch Transformation und Deutsche Einheit“. Dabei sollten die Erfahrungen Ostdeutscher aus den 90er Jahren einfließen, sagte Woidke. Dies sei nützlich für den Umgang mit anstehenden Transformationen wie etwa dem Klimawandel.

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