Wie hoch ist der Trainingseffekt für Nutzer von Elektrofahrrädern, auch Pedelecs genannt? Welche positiven Effekte für die Gesundheit sind zu erwarten? Diesen Fragen sind nun Wissenschaftler der Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) in einer fast dreijährigen Studie nachgegangen.
Daten von über 1.000 Pedelec-Fahrer ausgewertet
Für ihre Studie haben die Wissenschaftler zwischen 2017 und 2020 bundesweit die Daten von 1.250 Pedelec-Fahrern und 629 Nutzern herkömmlicher Fahrräder ausgewertet. Dabei wurden die Fahrer aber nicht nur befragt. „In unserer Studie haben wir 58.833 Fahrten von E-Bikern und Radfahrern analysiert und jeweils die Herzfrequenzen und Geschwindigkeiten gemessen. Im Gegensatz zu anderen großen E-Bike Studien haben wir zum ersten Mal auch tatsächliche Messdaten vorausschauend erhoben, nicht nur Fahrer befragt“, erläutert Uwe Tegtbur, Direktor der Klinik für Rehabilitations- und Sportmedizin.
Herz-Kreislaufsystem wird gefordert
Die Herzfrequenz der Pedelecfahrer lag dabei während des Radelns, unter Berücksichtigung der Therapien mit Beta-Blockern, nur fünf Schläge pro Minute unter der der Fahrradfahrer. „Entgegen vieler Vorurteile zeigen die Zahlen, dass Muskeln und das Herz-Kreislaufsystem beim Pedelecfahren nahezu so gefordert werden wie beim herkömmlichen Radfahren“, erklärt Hedwig Theda Boeck, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Klinik. „Wir haben zudem herausgefunden, dass die Pedelecfahrer öfter das Auto durch ihr Pedelec ersetzen als es die anderen Radfahrer tun – ein klarer Mehrwert für ihre Gesundheit.“
Die Motorunterstützung erleichtere den Einstieg in eine alltägliche körperliche Aktivität und sei auch für ältere, übergewichtige und weniger trainierte Menschen eine gute Möglichkeit, ihre Aktivitäten zu steigern. „Viele Pedelecnutzer waren vorher nicht unbedingt Radfahrer. Die Hemmschwelle ist deutlich niedriger, wenn auch in hügeligem Gelände oder bei starkem Gegenwind auf die Motorunterstützung zurückgegriffen werden kann“, ergänzt Boeck.
35 Prozent der Teilnehmenden leiden unter einer Vorerkrankung
Über 35 Prozent der teilnehmenden E-Bike-Fahrer haben Vorerkrankungen wie zum Beispiel einen Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Gelenkverschleiß. Hier hilft das E-Bike, überhaupt wieder draußen in Bewegung zu bekommen, so die Experten. Jeder Schritt zu mehr Aktivität, jede Unterbrechung des Sitzens und jeder Aufstieg auf das Rad sind ein Beitrag für ein gesünderes und aktiveres Leben.
„Wir haben gezeigt, dass die E-Biker 135 Minuten pro Woche unterwegs waren, davon ein Großteil mit einer gesundheitlichen effektiven Belastung. Allein dadurch konnten sie zwei Drittel des WHO-Bewegungsziels von 150 Minuten moderater Aktivität pro Woche erreichen“, erklärt Tegtbur. Wer sich an das WHO-Bewegungsziel hält, kann sein Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, um über 40 Prozent reduzieren. Auch das Risiko einer Krebs- oder Diabeteserkrankung sinkt mit zunehmender Aktivität.