Das Berliner Landgericht hat am Montag eine 55-Jährige wegen der Vergiftung ihres Partners mit dem Schwermetall Thallium zu einer Freiheitsstrafe von zehneinhalb Jahren verurteilt. Die Kammer sei überzeugt, dass „beide Tatvorwürfe der Angeklagten zweifelsfrei nachgewiesen wurden“, sagte die Vorsitzende Richterin Regina Alex zur Urteilsbegründung am Montag. Zu Beginn des Prozesses hatte die Angeklagte Michaela P. ein Teilgeständnis abgelegt. Alex bezeichnete dieses angesichts der „erdrückenden Beweislast“ jedoch als „fast wertlos“.
Den Grund für die Vergiftungsversuche sah die Kammer in der Beziehung der Angeklagten zum Opfer. Immer wieder sei es zu Trennungen und Versöhnungen gekommen. Zu Beginn der Beziehung sei das Opfer C. eifersüchtig und gewalttätig gewesen, dann sei es laut Alex aber zu einem „Rollentausch“ gekommen. Als das Paar nach einer achtjährigen Beziehungspause wieder zueinander fand, P. aber dann Kontaktanzeigen auf dem Computer von C. entdeckte, sei sie „davon besessen gewesen, die Beziehung um jeden Preis aufrecht zu erhalten, auch um den Preis der Gesundheit“ des Opfers, sagte Alex.
P. mischte daraufhin Thallium in das Essen oder die Getränke des Opfers. Der Plan dahinter, den dann kranken und pflegebedürftigen C. von sich abhängig zu machen und seine Dankbarkeit zu gewinnen, sei aufgegangen, sagte Alex. Nur durch einen von P. verdeckt kommunizierten Hinweis konnten die Ärzte schlussendlich feststellen, dass C. an einer Schwermetallvergiftung litt. Zu diesem Zeitpunkt litt das Opfer aber bereits unter extremen Schmerzen und Muskellähmungen. Durch die Vergiftung kam es laut Gericht zu irreparablen Nervenschäden.
Im Juli 2020, nach einer erneuten Trennung des Paars, entdeckte P. eine Annonce im Internet, mit der das Opfer eine Uhr verkaufen wollte. Daraufhin engagierte sie unter einem falschen Vorwand einen „Testkäufer“, der den Mann bei einem Treffen in einem Berliner Brauhaus so lange in ein Gespräch verwickelte, bis sie eine tödliche Dosis Thallium in dessen Cola gemischt hatte.
Die Tat sei „sehr gut geplant und umgesetzt“ worden, mit der untergemischten Dosis Thallium hätte man das Opfer „dreimal umbringen können“, sagte Alex. Aufgrund der hohen Dosis und der genauen Planung sei nicht glaubhaft, dass P. bei ihrer Tat nicht mit einer Tötungsabsicht gehandelt habe.
Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass auch der Tatvorwurf aus dem Jahr 2017 der Angeklagten zweifelsfrei nachgewiesen worden sei. P. habe bereits 2017, vor der ersten Vergiftung, versucht, im Internet Thallium zu bestellen. Sie informierte sich außerdem über giftige Pflanzen und bewahrte in ihrem Haushalt den hochgiftigen Stoff Arsen und 95-prozentige Salzsäure auf.
Das Gericht sah es als glaubhaft an, dass P. bei der Tat im Jahr 2017 als Retterin habe auftreten wollen, nicht aber bei der Tat im Jahr 2020. Die Angeklagte habe sich seit Jahren mit dem Schwermetall Thallium beschäftigt und es bereits 2017 verwendet. „Da weiß man, was tödlich wirkt“, sagte Alex. Das Vorgehen der Angeklagte sei „ganz schön brutal“ gewesen, sie habe „zugesehen, wie dieser Mensch leidet“.
Das Gericht blieb mit seinem Urteil unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die auf eine lebenslange Haftstrafe plädiert hatte. Die Verteidigung sah in ihrem Plädoyer den Tatvorwurf aus dem Jahr 2017 als nicht erwiesen an und forderte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Gegen das Urteil können noch Rechtsmittel eingelegt werden.