Führende EU-Abgeordnete haben eindringlich Fortschritte bei der seit Jahren feststeckenden Reform des Asylsystems gefordert. „Wir brauchen endlich eine Lösung, das ist die Schande Europas“, sagte Parlamentsvizepräsidentin Katarina Barley (SPD) am Freitag mit Blick auf den Brand im Flüchtlingslager Moria. „Es reicht nicht nur, Bilder zu produzieren, indem man dort hinfährt und schaut“, pflichtete ihre FDP-Kollegin Nicola Beer bei.
Die EU strebt seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 eine Reform ihres Asylsystems an. Alle Versuche sind aber bisher an der Frage der Verteilung von Flüchtlingen gescheitert. Insbesondere osteuropäische Regierungen lehnen es ab, Migranten aufzunehmen, um Hauptankunftsländer an den EU-Außengrenzen zu entlasten. Die Katastrophe in Moria auf der griechischen Insel Lesbos sehen viele nun als Konsequenz dieses Stillstands.
„Die Blockaden müssen beim Namen genannt werden“, forderte der österreichische Konservative Otmar Karas. Eine vernünftige EU-Migrationspolitik „beginnt und endet nicht beim Außengrenzschutz“. Der Parteikollege von Österreichs Kanzler Sebastian Kurz begibt sich damit nicht zum ersten Mal in Opposition zur Regierung in Wien, die in der Migrationsfrage einen ähnlich harten Kurs wie die osteuropäischen Staaten Ungarn und Polen fährt.
Das EU-Parlament habe es „seit vielen Jahren“ geschafft, einen konstruktiven Kompromiss für eine Asylreform zu vertreten, sagte die Ko-Fraktionschefin der Grünen, Ska Keller. „Wir kommen aus denselben Ländern und denselben Parteien“, aber im Rat der EU-Länder sei es seit Jahren nicht einmal möglich, auf „einen kleinsten gemeinsamen Nenner“ zu kommen. „Wie kann das sein?“
Die EU-Kommission hatte am Mittwoch für den 30. September einen neuen Anlauf für eine Asylreform angekündigt. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte dies bereits nach ihrem Amtsantritt Ende vergangenen Jahres versprochen, doch der Vorschlag wurde mehrfach verschoben – auch weil die Pläne Mitgliedstaaten wie Deutschland nicht überzeugten.
Die EU-Abgeordneten versprechen sich nun in von der Leyens Rede zur Lage der Europäischen Union nächste Woche einen Aufschlag. „Sie muss konkrete Vorschläge machen, wie wir hier rauskommen“, sagte die FDP-Frau Beer. Dabei gehe es darum, Druck auf die Mitgliedstaaten und besonders auf Deutschland auszuüben, das derzeit den Vorsitz im Rat der EU-Länder innehat.
Nach Angaben des für Migration zuständigen Kommissionsvizepräsidenten Margaritis Schinas sehen die für Ende September angekündigten Pläne ein System „dauerhafter und wirksamer Solidarität“ innerhalb der EU vor. Es gehe zudem um ein Abkommen mit Herkunfts- und Transitländern, damit die Menschen Aussicht auf ein besseres Leben in ihren Heimatländern hätten, sowie ein „robustes System“ des Außengrenzschutzes mit mehr Personal.