Das im Schengen-Raum geltende Verbot der Doppelbestrafung kann laut dem zuständigen Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Auslieferung an einen Drittstaat ausschließen. Wenn die Behörde eines Mitgliedsstaats rechtskräftig entschieden habe, könne der Betreffende nicht wegen derselben Sache über Interpol festgenommen werden, führte Generalanwalt Michal Bobek am Donnerstag in Luxemburg in seinen Schlussanträgen aus. Es geht um einen Deutschen, gegen den ein Interpol-Festnahmeersuchen läuft. (Az. C-505/19)
Gegen den früheren Manager eines Großkonzerns wurde wegen Bestechungsvorwürfen aus Argentinien ermittelt, und zwar sowohl von einer deutschen als auch von einer US-Staatsanwaltschaft. Die deutsche Behörde stellte ihre Ermittlungen gegen Zahlung einer Geldauflage ein.
Die US-Staatsanwaltschaft richtete jedoch ein Festnahmeersuchen an die an Interpol beteiligten Staaten. Dagegen klagte der frühere Manager vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden. Er will Deutschland dazu verpflichten, die Löschung des Festnahmeersuchens zu erwirken. Das Verwaltungsgericht setzte das Verfahren aus und bat den EuGH um Auslegung des EU-Rechts.
Sei ein Strafverfahren innerhalb der EU endgültig eingestellt, müsse der Betreffende von seiner Freizügigkeit Gebrauch machen können, „ohne neuerliche Strafverfolgung wegen derselben Taten in einem und nicht nur durch einen anderen Schengen-Staat befürchten zu müssen“, argumentierte der Generalanwalt.
Ob das Verbot der Doppelbestrafung im konkreten Fall greife, sei aber nicht sicher: Noch sei nicht rechtskräftig entschieden, ob es bei den Ermittlungen in den USA um denselben Tatvorwurf gehe. Die europäischen Richter müssen dem Generalanwalt in ihrem Urteil nicht folgen, tun dies aber oft.