Die Oppositionsfraktionen von FDP, Linken und Grünen ziehen vor das Bundesverfassungsgericht, um das neue Wahlrecht zu stoppen. Die drei Fraktionen reichten am Montag Normenkontrollklage gegen die im Oktober beschlossene Neureglung ein. Die große Koalition betreibe mit dem Gesetz „politische Selbstbedienung“, kritisierte FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann bei der Vorstellung der Klage. Die drei Fraktionen beantragten auch einstweiligen Rechtsschutz. Wann Karlsruhe entscheidet, ist aber noch offen.
Im Zentrum der Oppositionskritik steht die in dem Gesetz enthaltene Regelung, dass drei Überhangmandate künftig nicht ausgeglichen werden. Davon werde insbesondere die Union profitieren, monieren FDP, Linke und Grüne. Das Gesetz schaffe zudem keine Rechtsklarheit, sagte Grünen-Parlamentsgeschäftsführerin Britta Haßelmann. „Eine derartige Willkür darf nicht gebilligt werden.“ Außerdem befürchten die drei Fraktionen, dass die Neuregelung keineswegs dem Ziel dienen werde, das Parlament zu verkleinern. Insofern sei das Gesetz eine „sprichwörtliche Mogelpackung“, sagte der Linken-Abgeordnete Friedrich Straetmanns.
Mit dem neuen Gesetz sollen auch weitere Überhangmandate in begrenztem Umfang mit Listenmandaten derselben Partei in anderen Bundesländern verrechnet werden. Ziel der Reform ist es, eine zu starke Vergrößerung des Bundestages durch Überhang- und Ausgleichsmandate zu vermeiden. Für künftige Wahlen ab dem Jahr 2024 soll dafür zudem die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 280 reduziert werden, was die Zahl der Überhangmandate verringern dürfte. Diese entstehen, wenn eine Partei mehr Direktmandate erhält, als ihr aufgrund ihres Zweitstimmenanteils zustehen würden.
Die drei Oppositionsfraktionen hatten bereits im vergangenen Jahr einen eigenen Reformentwurf vorgelegt, konnten sich damit aber nicht gegen die Regierungsparteien durchsetzen. FDP, Linke und Grüne hoffen nun, dass das Bundesverfassungsgericht noch vor der Bundestagswahl am 26. September über die Klage entscheidet.
Die Prozessbevollmächtgte der drei Fraktionen, Sophie Schönberger, verwies darauf, dass es in der beanstandeten Regelung nicht um die Wahl selbst, sondern um die anschließende Zuteilung der Mandate gehe. Deshalb könne das Gericht eine Entscheidung auch relativ kurz vor der Wahl am 26. September treffen. Sollte Karlsruhe das neue Wahlrecht kippen, würde wieder die alte Reglung gelten, bis eine neue beschlossen wird.