Das Bundesverfassungsgericht hat eine Klage der Linksfraktion im Bundestag im Zusammenhang mit dem EU-Kanada-Handelsabkommen Ceta als unzulässig abgelehnt. Die Fraktion habe nicht darlegen können, dass ihre eigenen Rechte oder die Rechte des Bundestags verletzt worden seien, sagte Vizegerichtspräsidentin Doris König am Dienstag bei der Urteilsverkündung in Karlsruhe. Die Linke hatte bemängelt, dass der Bundestag zu Ceta nur eine Stellungnahme und kein Gesetz beschlossen hatte. (Az. 2 BvE 4/16)
In dieser Stellungnahme erlaubte der Bundestag im September 2016 mit den Stimmen von Union und SPD der Bundesregierung unter bestimmten Voraussetzungen, im EU-Rat die vorläufige Anwendung von Ceta zu unterzeichnen. Die Linke sah das Grundgesetz und dadurch Rechte des Bundestags selbst verletzt. Darum erhob die Fraktion eine sogenannte Organklage vor dem Bundesverfassungsgericht. Das höchste Gericht des Bundes ist dafür zuständig, Streitigkeiten zwischen Bundesorganen über ihre Verantwortlichkeiten zu entscheiden.
Die Linksfraktion argumentierte, der Bundestag hätte das Stimmverhalten der Regierung im EU-Rat an eine vorherige gesetzliche Ermächtigung binden müssen. Nur so könne sichergestellt werden, dass die EU nicht außerhalb ihrer Kompetenzen handle. Es sei zudem verfassungswidrig, dass die Stellungnahme keine Vorgaben dazu mache, welche Bereiche des Abkommens von einer vorläufigen Anwendung ausgenommen werden müssten.
Dieser Argumentation folgte das Bundesverfassungsgericht nicht. Mögliches verfassungswidriges Handeln bliebe auch dann verfassungswidrig, wenn der deutsche Vertreter im Rat im Vorfeld mit einem Gesetz ermächtigt worden sei, dem zuzustimmen, hieß es zur Begründung. „Eine Heilung des Verfassungsverstoßes durch Gesetz“ sei gar nicht möglich, wenn die EU ohne vorherige Änderung der Verträge außerhalb ihrer Kompetenzen handle. Darum scheide eine Rechtsverletzung wegen eines fehlenden Gesetzes von vornherein aus.
Auch habe der Bundestag – anders als von der Linken beklagt – seine Verantwortung wahrgenommen. Die Abgeordneten hätten sich intensiv mit Ceta auseinandergesetzt. Die fragliche Stellungnahme enthalte „erkennbar inhaltliche Vorgaben für die Mitwirkung der Bundesregierung im Rat der Europäischen Union“. Sie betone auch, dass die vorläufige Anwendung von Ceta „keinesfalls in den Bereichen erfolgen dürfe“, die unter die Kompetenz der Mitgliedsstaaten falle.
Ceta regelt den Wegfall fast aller Zölle zwischen der EU und Kanada. Kritik gibt es vor allem daran, dass Konflikte zwischen Unternehmen und Staaten vor neuen Schiedsgerichten geklärt werden sollen. Schon im Oktober 2016 entschied das Bundesverfassungsgericht über Eilanträge gegen das Abkommen. Die Richter erlaubten damals vorläufig eine deutsche Beteiligung unter bestimmten Voraussetzungen.
Unter anderem musste die Bundesregierung dafür sorgen, dass Deutschland auch wieder austreten kann. Das Thema Sondergerichte wurde erst einmal ausgenommen. Nach der vorläufigen Verabschiedung durch den EU-Rat beschloss das EU-Parlament Ceta im Februar 2017. Teile des Abkommens traten vorläufig im September 2017 in Kraft.
Vollständig in Kraft treten kann Ceta erst, wenn alle EU-Staaten das Abkommen ratifiziert haben. Deutschland wartet dazu die Entscheidungen aus Karlsruhe ab – beim Bundesverfassungsgericht liegen noch weitere Klagen zum Abkommen an sich, darunter auch eine der Linken.
Auf diese Klage hofft nun der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko, der zur Urteilsverkündung nach Karlsruhe gereist war. Zwar finde er die heutige Entscheidung „schade“, sagte er. „Aber die Hauptklage kommt noch.“ Hauptkritikpunkt seiner Partei an Ceta seien die geplanten Sondergerichte. Dadurch entstehe eine „Paralleljustiz“.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), sah das Urteil vom Dienstag dagegen als „Signal“ für die Frage, wie Ceta inhaltlich zu bewerten sei. Sie zeigte sich darum optimistisch hinsichtlich der weiteren Verfahren.
Die Bundestagsabgeordneten Axel Schäfer (SPD) und Philipp Amthor (CDU) äußerten sich ebenfalls zufrieden über das Urteil. Der Bundestag habe „voll inhaltlich Recht bekommen“, sagte Schäfer. Das Gericht habe deutlich gemacht, dass das Parlament seiner Kontrollfunktion gerecht geworden sei, sagte Amthor.