Bundesverfassungsgericht entscheidet über Klimaklagen

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Das höchste deutsche Gericht entscheidet über eines der derzeit am heißesten diskutierten Themen: Am Donnerstag veröffentlicht das Bundesverfassungsgericht seinen Beschluss zu den sogenannten Klimaklagen. Dabei handelt es sich um insgesamt vier Verfassungsbeschwerden gegen die deutsche Klimapolitik – die den Klägern nicht ausreicht. (Az. 1 BvR 2656/18 u.a.)

Sie sehen ihre Grundrechte verletzt, wenn die Politik die Erderwärmung nicht ausreichend eindämmt. Die erste Klage wurde bereits 2018 vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, dem Solarenergieförderverein Deutschland und mehreren Einzelklägern eingereicht. Die beiden anderen Klagen folgten Anfang 2020, nachdem das neue Klimaschutzgesetz in Kraft getreten war.

In ihm wurde festgeschrieben, wie viel Kohlendioxid einzelne Sektoren wie Energiewirtschaft oder Verkehr in den kommenden Jahren noch ausstoßen dürfen. So soll der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent zurückgehen, verglichen mit dem Stand von 1990.

Gegen das Gesetz klagen zahlreiche junge Menschen, unterstützt von verschiedenen Umweltschutzorganisationen. Zwei der Verfassungsbeschwerden, eine von zehn Deutschen und eine von 15 Menschen aus Bangladesch und Nepal, unterstützt die Deutsche Umwelthilfe. Eine weitere Klage von neun jungen Erwachsenen aus Deutschland wird von Germanwatch, Greenpeace und Protect the Planet unterstützt.

„Es geht um eine menschenwürdige Zukunft für die heute Jungen und nächsten Generationen“, sagte Caroline Schroeder, Referentin für die Klimaklagekommunikation bei Germanwatch, der Nachrichtenagentur AFP. „Ihre Grund- und Freiheitsrechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit, aber auch auf Eigentum und Berufsfreiheit, werden verletzt, wenn die Klimakrise nicht besser eingedämmt wird.“

Unter den neun von den drei Umweltverbänden unterstützten Klägern sind Luisa Neubauer von Fridays for Future und junge Menschen, deren Familien von Tourismus oder Landwirtschaft leben und die Auswirkungen der häufiger werdenden extremen Wetterereignisse und des steigenden Meeresspiegels fürchten. „Sie wollen den Betrieb übernehmen und wissen nicht, ob das noch möglich sein wird“, sagte Schroeder. Der Generation werde durch die Klimakrise die Entscheidungsmöglichkeit über ihre Zukunft genommen.

Die Verfassungsbeschwerde zielt darauf ab, dass das Gericht das Klimaschutzgesetz für verfassungswidrig erklärt und den Gesetzgeber zum Nachbessern verpflichtet. Aber auch eine Nichtannahmeentscheidung wäre schon ein Gewinn, wenn sie gut begründet wäre, sagte Schroeder. „Wenn Karlsruhe anerkennt, dass der Bund gewisse Schutzpflichten hat, dann könnten wir darauf aufbauen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass sich ein Gericht mit Klimapolitik befassen muss. 2019 wies das Berliner Verwaltungsgericht eine Klage von drei Familien von Biolandwirten als unzulässig ab, die auf die Einhaltung des Klimaziels 2020 zielte. Die Berliner Richter erklärten unter anderem, dass es sich bei den Klimazielen um eine politische Absichtserklärung handle, nicht um eine rechtsverbindliche Regelung.

Im vergangenen Monat wies der Europäische Gerichtshof in Luxemburg eine Klage von Bürgern aus EU-Ländern sowie aus Kenia und Fidschi gegen das EU-Klimapaket von 2018 ab. Die Kläger seien nicht unmittelbar individuell betroffen, weswegen ihre Klage unzulässig sei, hieß es von den europäischen Richtern.

In anderen Ländern hatten Klimaklagen dagegen Erfolg: So entschied der oberste Gerichtshof der Niederlande Ende 2019, dass der Staat den Ausstoß von Treibhausgasen stärker als bislang begrenzen müsse. Das Verwaltungsgericht in Paris gab im Februar einer ähnlichen Klage von Umweltschutzorganisationen gegen den französischen Staat statt und urteilte, dass Frankreich zu wenig für den Klimaschutz tue.

Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg liegt außerdem eine Klage von acht Kindern und Jugendlichen aus Portugal gegen 33 Staaten, darunter Deutschland. Sie argumentieren, dass die Politik der betreffenden Regierungen die Erderwärmung nicht genügend eindämme und damit Waldbrände und Dürren in Portugal wahrscheinlicher gemacht habe.

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