Alice Weidel: Eine promovierte Volkswirtin aus dem Westen

Alice Weidel - Bild: Achim Melde/Bundestag
Alice Weidel - Bild: Achim Melde/Bundestag

West und Ost, Frau und Mann, Akademikerin und Handwerker – viele Unterschiede, aber die gleiche politische Richtung: Alice Weidel und Tino Chrupalla führen die AfD in den Bundestagswahlkampf. Die Parteimitglieder entschieden sich für das Spitzenduo, das vom Rechtsaußen-Lager der AfD unterstützt wird. Die gemäßigteren Kräfte um Ko-Parteichef Jörg Meuthen konnten sich in der Kandidatenfrage nicht durchsetzen, die von ihm favorisierten Bewerber Joana Cotar und Joachim Wundrak scheiterten klar mit lediglich rund 27 Prozent Zustimmung.

Alice Weidel:

Sie bildete bereits 2017 mit Alexander Gauland das Spitzenkandidaten-Duo. Seit dem Einzug in den Bundestag führen beide gemeinsam die AfD-Fraktion. Seit Ende 2019 ist Weidel stellvertretende Bundesvorsitzende, außerdem seit gut einem Jahr Chefin des AfD-Landesverbands Baden-Württemberg. Dass die AfD bei der dortigen Landtagswahl deutlich verlor, trug nicht zur Stärkung ihres parteiinternen Ansehens bei.

Belastet wird Weidel bereits seit längerem durch die Affäre um dubiose Spenden aus der Schweiz an ihren Kreisverband Bodensee. Dass dies im Bundestagswahlkampf ein Problem werden könnte, schloss sie am Dienstag aus: Sie habe sich „überhaupt nichts zuschulden kommen lassen“ und könne sich nicht vorstellen, „dass da noch was kommen soll“.

Die promovierte Volkswirtin machte sich in der AfD als Scharfmacherin einen Namen. Ihr zentrales Thema: Der angebliche Zerfall der inneren Sicherheit in Deutschland als Folge der Flüchtlingskrise. Der Grund, dass Weidel 2013 in die Partei eintrat, war allerdings die Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung – das Hauptthema der AfD in ihrer Gründungszeit.

Die 42-Jährige gilt als erbitterte Gegenspielerin von Parteichef Meuthen, der sie als Spitzenkandidatin verhindern wollte. Gut vernetzt ist Weidel mit den rechtsnationalen Kräften des formal aufgelösten „Flügels“. Als offen homosexuelle Politikerin, die mit ihrer Lebenspartnerin zwei Söhne großzieht, ist Weidel in ihrer Partei eine Ausnahmeerscheinung.

Tino Chrupalla:

Der 46-jährige Malermeister trat Ende 2019 die Nachfolge Gaulands als AfD-Bundesvorsitzender an. Neben dem in Westdeutschland beheimateten Meuthen steht Chrupalla vor allem für die ostdeutschen Landesverbände. Er wolle „eine starke Stimme des Ostens“ sein, sagte der gebürtige Sachse nach seiner Wahl zum Parteichef. Auch bei der Mitgliederbefragung zum Spitzenduo wusste er die Ost-AfD geschlossen hinter sich.

Chrupallas Anspruch, gemeinsam mit Meuthen die Gräben zwischen Ost und West zu überwinden, blieb angesichts der erbitterten Richtungskämpfe in der AfD bislang Theorie. Dem im Osten dominanten, formal aufgelösten „Flügel“ gehörte Chrupalla nicht an. Er hat aber beste Kontakte zu dessen Vertretern, auch zu dem Thüringer Björn Höcke.

Chrupalla holte in seinem Wahlkreis Görlitz für die AfD ein Direktmandat für den Bundestag. Der Vater von drei Kindern betont gerne seine Bürgernähe und seine Verankerung im ländlichen Raum. Am Dienstag monierte er, Mittelstand und Mittelschicht würden von der Politik „vernachlässigt“ und seien „in großen Teilen politisch heimatlos“ – die AfD wolle ihnen eine Stimme geben.

Als Jugendlicher war er für kurze Zeit in der Jungen Union, nach der Wende wählte er nach eigenen Angaben CDU und FDP. Die Eurokrise habe ein „Umdenken“ bei ihm ausgelöst, 2015 trat er in die AfD ein. Im Bundestag ist Chrupalla Fraktionsvize und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie.

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