Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebensverhältnissen sind künftig besser geschützt. Der Bundesrat billigte am Freitag eine umfassende Reform des Kinder- und Jugendschutzes, von der vor allem junge Menschen in Heimen, in schwierigen Elternhäusern und in Pflegefamilien profitieren sollen. Heime und ähnliche Einrichtungen werden einer strengeren Aufsicht und Kontrolle unterstellt. Ärzte sollen enger mit dem Jugendamt zusammenarbeiten, um einen Verdacht auf Kindeswohlgefährdung schneller melden zu können.
Mit der Neuregelung können junge Menschen in Pflegefamilien und Einrichtungen der Erziehungshilfe zudem künftig deutlich mehr von dem Geld behalten, das sie bei Schülerjobs, Praktika oder einer Ausbildung verdienen. Bislang dürfen sie dafür nur ein Viertel behalten, künftig sind es 75 Prozent. Ein Freibetrag von 150 Euro des Einkommens wird von der Kostenbeteiligung ausgenommen. Einkommen aus kurzfristigen Ferienjobs und ehrenamtlicher Tätigkeit werden komplett freigestellt.
Ärzte, die sich bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung an das Jugendamt wenden, sollen in Zukunft auch eine Rückmeldung über die anschließende Gefährdungseinschätzung erhalten. In Notsituationen sollen sich die Kinder und Jugendlichen künftig an eine Erziehungsberatungsstelle in ihrer Umgebung wenden können und dort unbürokratisch Hilfe erhalten. In den Ländern sollen Ombudsstellen eingerichtet werden, um Entscheidungen der Behörden beanstanden zu können.
Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien sollen zudem mehr Möglichkeiten haben, sich über Missstände zu beschweren. Kinder in Pflegefamilien sollen andererseits auf Anordnung des Familiengerichts dauerhaft in diesen verbleiben, wenn dies für das Wohl des Kindes erforderlich ist.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) lobte das neue Gesetz als „Meilenstein“. Damit „verbessern wir die Rechte aller Kinder und Jugendlichen – von der Kita über die Schulsozialarbeit bis hin zu den Pflegefamilien“. Es sei die größte Reform seit der Einführung 1990.
Mit der Gesetzesnovelle werden auch die staatlichen Leistungen und Hilfen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen künftig in einem Gesetz gebündelt werden. Prinzipiell soll die Inklusion als Leitgedanke in der Kinder- und Jugendhilfe verankert werden. In Deutschland werden aktuell nach Ministeriumsangaben rund 360.000 Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in unterschiedlichen Systemen unterstützt.