WHO: Corona-bedingte Übersterblichkeit bis zu dreimal höher als gemeldete Todesfälle

Corona-Todesfälle
Corona-Todesfälle

Die Corona-Pandemie hat laut einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) deutlich mehr Menschen das Leben gekostet als aus offiziellen Statistiken hervorgeht. „Die Zahl der Gesamt-Todesfälle liegt mindestens zwei bis drei Mal höher als offiziell gemeldet“, erklärte am Freitag WHO-Vertreterin Samira Asma anlässlich der Vorstellung des Jahresberichtes 2020 der UN-Organisation.

Bisher sind offiziell 3,4 Millionen Menschen infolge der Corona-Pandemie gestorben, seit das Virus Ende 2019 erstmals in China auftrat. Asma zufolge hat die Pandemie jedoch „schätzungsweise sechs bis acht Millionen“ direkte und indirekte Todesfälle verursacht.

Laut WHO wurden viele Corona-Tote gerade zu Beginn der Pandemie nicht offiziell registriert, da sie vor ihrem Tod nicht getestet wurden. Hinzu kämen „die Todesfälle, die auf die schwierigen Bedingungen zurückzuführen sind, unter denen viele Menschen auf der Welt wegen der Pandemie leben“, sagte der WHO-Datenanalyst William Msemburi.

So hätten viele Menschen, die an chronischen oder akuten Krankheiten leiden, wegen der Lockdowns und der Belastung der Gesundheitssysteme keine angemessene Behandlung erhalten. Zudem gibt es in einigen Teilen der Welt nach Angaben der WHO Hinweise auf steigende Selbstmordraten infolge der psychischen Belastungen der Pandemie.

Allein im Jahr 2020 lag die Übersterblichkeit dem WHO-Bericht zufolge bei mindestens drei Millionen. Als Übersterblichkeit wird die erhöhte Sterberate im Vergleich zu den unter normalen Umständen erwarteten Werten bezeichnet. Drei Millionen Menschen starben also direkt oder indirekt durch das Coronavirus – dies sind 1,2 Millionen mehr als offiziell Corona-Todesfälle registriert wurden. Auf dem amerikanischen Kontinent lag die geschätzte Übersterblichkeit demnach bei bis zu 1,46 Millionen, in Europa bei bis zu 1,21 Millionen.

Wie viele Todesfälle tatsächlich direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind, lässt sich schwer sagen. Die Zahl der offiziell registrierten Corona-Toten wird von Experten seit Langem angezweifelt. Ihnen zufolge ist die Dunkelziffer sowohl der Infektions- als auch der Todesfälle in vielen Ländern sehr hoch.

Das Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) in Seattle geht sogar davon aus, dass seit März 6,9 Millionen Todesfälle direkt durch die Pandemie verursacht wurden. In einigen Ländern wie Mexiko oder Indien sei „ein erheblicher Teil“ der zu niedrigen Zahlen auf eine geringe Testquote zurückzuführen, sagte Institutsleiter Chris Murray der Nachrichtenagentur AFP. Doch in manchen Fällen „kann es die offizielle Politik sein, die Definition eines Corona-Todesfalls zu begrenzen“.

In Afrika ist das Sterberisiko für schwer erkrankte Covid-19-Patienten einer Studie zufolge besonders hoch. Dies sei wahrscheinlich auf einen Mangel an Intensivbetten und begrenzte Ressourcen auf den Intensivstationen zurückzuführen, erklärte Bruce Biccard von der Universität Kapstadt in Südafrika, Hauptautor der am Freitag in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlichten Studie.

Für die Untersuchung werteten die Forscher die Krankengeschichte von rund 3000 Corona-Patienten aus, die zwischen Mai und Dezember 2020 in 64 Krankenhäusern in zehn afrikanischen Ländern auf der Intensivstation behandelt wurden. Nach 30 Tagen waren 48 Prozent der Patienten gestorben. Studien zur Sterblichkeit auf anderen Kontinenten zeigten, dass außerhalb Afrikas nur durchschnittlich 31,5 Prozent der schwer erkrankten Corona-Patienten binnen 30 Tagen starben.

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