Russische Justiz verbietet Nawalny-Organisationen

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit

Die russische Justiz hat die politischen Organisationen des inhaftierten Kreml-Kritikers Nawalny als „extremistisch“ eingestuft. Durch die Entscheidung würden Nawalnys regionales Netzwerk sowie seine Anti-Korruptions-Stiftung mit sofortiger Wirkung verboten, erklärte ein Moskauer Gericht nach einer zwölfstündigen Anhörung am Mittwoch. Erst kürzlich war in Russland ein Gesetz in Kraft getreten, das Mitglieder von als „extremistisch“ eingestuften Organisationen von Wahlen ausschließt. Die britische Regierung bezeichnete das Urteil als „pervers“.

Das Gericht sei zu dem Schluss gekommen, dass Nawalnys Organisationen „nicht nur Informationen verbreiteten, die zu Hass und Feindseligkeiten gegenüber Regierungsvertretern aufstachelten, sondern dass sie auch extremistische Straftaten begangenen haben“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Das Urteil sei „rechtmäßig“ und „begründet“.

Das Anwaltsteam Komanda 29, das die Organisationen in dem Prozess vertrat, kündigte an, in Berufung zu gehen. Die Anwälte beklagten, dass der Prozess „hinter verschlossenen Türen“ stattgefunden habe und die Anklage nicht genügend „Schuldbeweise“ vorgelegt habe. Bei der Marathon-Anhörung am Mittwoch seien zudem sämtliche Anträge der Verteidigung abgewiesen worden.

Als „pervers“ bezeichnete der britische Außenminister Dominic Raab die Gerichtsentscheidung. Diese sei ein „weiterer kafkaesker Angriff auf jene, die sich gegen Korruption und für offene Gesellschaften einsetzen“ und ein „bewusster Versuch, die echte politische Opposition in Russland zu verbieten“.

Nawalny selbst erklärte, er werde sich von dem Urteil nicht unterkriegen lassen. „Wir werden uns anpassen“, hieß es am Mittwochabend auf dem Instagram-Auftritt des 45-Jährigen. „Wir werden nicht von unseren Ziele und Ideen zurückweichen. Dies ist unser Land und wir haben kein anderes.“

Die Entscheidung des Gerichts war erwartet worden. Im April hatte bereits die Finanzaufsichtsbehörde Nawalnys Netzwerk regionaler Büros auf eine Liste „extremistischer“ Organisationen gesetzt. Die endgültige Einstufung der Organisationen als „extremistisch“ bedeutet, dass Unterstützer und Geldgeber des prominenten Kreml-Kritikers auf eine Stufe mit Mitgliedern von Dschihadistenmilizen wie dem Islamischen Staat (IS) oder Al-Kaida gestellt werden und ihnen eine Strafverfolgung droht. Gemäß eines kürzlich von Präsident Wladimir Putin unterzeichneten Gesetzes dürfen sie zudem bei Wahlen nicht mehr kandidieren. In Russland finden im September Parlamentswahlen statt.

Kritiker sehen im Vorgehen gegen die Nawalny-Organisationen eine weitere Maßnahme der russischen Behörden, die Opposition in Russland angesichts wachsender Unzufriedenheit in der Bevölkerung wegen wirtschaftlicher Stagnation und mehrerer Korruptionsskandale mundtot zu machen. Zahlreiche Vertraute Nawalnys leben inzwischen im Ausland oder stehen unter Arrest.

Nawalnys Stiftung hat zahlreiche Berichte unter anderem zum verschwenderischen Lebensstil der russischen Elite veröffentlicht. Zuletzt sorgte ein Video über ein Luxus-Anwesen am Schwarzen Meer für Aufsehen, das Putin gehören soll.

Nawalny hatte im vergangenen August einen Anschlag in Russland mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe überlebt, für den er den Kreml verantwortlich macht. Nach seiner Behandlung in Deutschland wurde er bei seiner Rückkehr im Januar in Russland festgenommen und später wegen angeblicher Verstöße gegen Bewährungsauflagen zu mehr als zweieinhalb Jahren Lagerhaft verurteilt. Seine Strafe verbüßt er derzeit in einer Strafkolonie in Pokrow östlich von Moskau.

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