Drei Tage Zeit hat sich die FDP Zeit genommen, um ihr Programm für die Bundestagswahl zu verabschieden und ihre Parteispitze neu zu bestimmen. Die rund 660 Delegierten wurden der Veranstaltung digital zugeschaltet. Die wichtigsten Erkenntnisse des Parteitags im Überblick:
Die FDP will endlich wieder regieren
Die Kernbotschaft des Parteitags: Die FDP will zurück an die Macht im Bund. Die Lust aufs Mitregieren schlägt sich im mehr als 70 Seiten umfassenden Wahlprogramm nieder – und im Selbstbewusstsein, das die FDP auf dem Parteitag demonstriert. Grund zum Optimismus haben die Liberalen in der Tat: In Umfragen stehen sie derzeit bei bis zu zwölf Prozent, das ist doppelt so viel wie noch im Dezember. „Ich war niemals motivierter als jetzt, die FDP zurückzuführen in Gestaltungsverantwortung für unser Land“, sagte Parteichef Christian Lindner.
Sie hält sich die Optionen offen
Die Zeiten von festen Koalitionsaussagen sind vorbei. Ob Union, Grüne oder SPD – die Liberalen geben sich anschlussfähig. Klar, Lindner teilte auch gegen die potenziellen Koalitionspartner aus. Gemessen an der rhetorischen Schärfe, zu der er sonst fähig ist, fiel seine Kritik aber zurückhaltend aus. Um jeden Preis will die FDP allerdings nicht an die Macht – höhere Belastungen für Beschäftigte und Unternehmen soll es mit ihr nicht geben. An dieser Festlegung wird sich die Partei messen lassen müssen.
Parteichef Lindner sitzt fest im Sattel
Vor ein paar Monaten noch hatte es den Anschein, als ob Lindners Position in der Partei wackelt – das ist vorbei: Auf dem Parteitag wurde er mit 93 Prozent wiedergewählt und Generalsekretär Volker Wissing erklärte den Vorsitzenden zum „Glücksfall für die Freien Demokraten“, weil er deren Anliegen „eine so starke, klare und hörbare Stimme verleiht“. Das ist freilich Stärke und Schwäche gleich, denn Lindners Stimme übertönt weiterhin alle anderen in der Partei – da konnte er auf dem Parteitag noch so oft betonen, dass die FDP als „tolles Team“ auftrete.
Das Frauen-Problem besteht fort
Die FDP bleibt eine männerdominierte Partei. Im Präsidium sitzen neun Männer und lediglich drei Frauen; die bisherige Vizeparteichefin Katja Suding trat nicht mehr an, ihren Platz nimmt nun Johannes Vogel ein. In Lindners gut einstündiger Rede am Freitag kamen Frauen nur am Rande vor, nämlich als er über die Folgen der Corona-Pandemie sprach: Die Pandemie berge die Gefahr eines Rückfalls in alte Rollenmuster. Immerhin: In einem vom Parteivorstand übernommenen Änderungsantrag zum Wahlprogramm bekennt sich die FDP nunmehr zu einem „liberalen Feminismus“.
Die FDP besinnt sich auf ihre Bürgerrechts-Tradition
Lange suchte die FDP nach einem Thema, mit dem sie in der Wählerschaft punkten konnte, nun scheint sie es gefunden zu haben: Sie präsentiert sich als Partei, welche die Gefahr durch das Coronavirus nicht verharmlost – die zugleich aber für eine Begrenzung der Grundrechtseinschränkungen auf ein Mindestmaß eintritt. Für die FDP markiert dies eine Rückbesinnung auf ihre traditionelle Rolle als Bürgerrechtspartei, die sie in den Jahren zuvor zugunsten einer klar marktliberalen Positionierung vernachlässigt hatte.
Die Tücken der Technik
Ein digitaler Parteitag bringt die gleichen Probleme mit sich, die viele aus ihrem Homeoffice-Alltag mit Videokonferenzen kennen: „Hallo, hören Sie mich?“ und „Die Kollegin scheint Internetprobleme zu haben“ – solche Sätze fielen häufig. Immerhin durften die Delegierten während technisch bedingter Wartezeiten unter anderem einem Scherz-Gedicht über Sachsen lauschen, vorgetragen vom Tagungspräsidium.