Lambrecht erklärt Verhandlungen über Kinderrechte im Grundgesetz für gescheitert

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. - Bild: BMJV/Thomas Koehler/ photothek
Bundesjustizministerin Christine Lambrecht. - Bild: BMJV/Thomas Koehler/ photothek

Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen haben die Koalitionsparteien Union und SPD auf das Scheitern der Verhandlungen über die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz reagiert. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) zeigte sich „zutiefst enttäuscht“ und warf der Union einen mangelnden Willen zur Einigung vor. Die CDU hingegen legte der SPD und auch den Grünen zur Last, mit ihren Forderungen „den Bogen überspannt“ und eine Einigung unmöglich gemacht zu haben.

Im Ziel waren sich die Fraktionen von Koalition und Opposition weitgehend einig: In das Grundgesetz sollte ein neuer Passus eingefügt werden, der den ausdrücklichen Schutz der Rechte von Kindern – einschließlich der Entwicklung zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten und der besonderen Berücksichtigung ihres Wohls – festschreiben sollte. Streit gab es aber in der Frage, wie weit diese staatlich garantierten Rechte reichen sollten, ohne die Rechte von Eltern zu schmälern.

Ministerin Lambrecht bedauerte „zutiefst, dass der Streit über Detailfragen eine Einigung bei diesem so wichtigen Vorhaben verhindert hat“. Die Gelegenheit dazu werde „so schnell nicht wiederkommen“. In dieser Legislaturperiode sehe sie dafür keine Chance mehr.

Nach Unionsangaben scheiterten die Verhandlungen an der Forderung von SPD und Grünen, die Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich als „Staatsziel“ zu benennen. Dies hätte die Reichweite der Elternrechte zu Lasten des Staats geschmälert, erklärte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei (CDU). „Hinter der Definition der Kinderrechte als Staatsziel steht letzten Endes ein anderes Verständnis des Verhältnisses von Staat, Eltern und Kindern zueinander“, erklärte er. „Da machen wir nicht mit.“

Die Union sei aber weiter grundsätzlich bereit, die Kinderrechte im Grundgesetz „sichtbar zu machen“, erklärte Frei. SPD und Grüne hätten die Verhandlungen mit ihren Forderungen zu einem „kalkulierten Scheitern“ geführt.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warb dafür, die Gespräche noch nicht für gescheitert zu erklären. „Ich würde es für richtig halten, dass man sich über diese Frage noch einmal austauscht, um eine Lösung zu finden.“

Die Regierung hatte Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf zur Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz auf den Weg gebracht. Für eine Änderung des Grundgesetzes ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat erforderlich. Deswegen waren auch Oppisitonsfraktionen an den Verhandlungen beteiligt.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach von einem „Armutzeugnis für die Koalition, insbesondere für die Union“. Lambrecht habe es als Justiz- und Familienministerin nicht verstanden, „die nötige Mehrheit dafür zu schaffen, dass die Rechte von Kindern tatsächlich im Grundgesetz verankert“ werden.

FDP-Chef Christian Lindner sagte, über das Thema müsse nach der Bundestagswahl neu beraten werden. Er verwies darauf, dass natürlich auch Kinder die ohnehin schon im Grundgesetz verankerten allgemeinen Rechte genössen.

Enttäuscht von dem Scheitern der Beratungen zeigte sich das Aktionsbündnis Kinderrechte, dem das deutsche Kinderhilfswerk, Unicef Deutschland und der Kinderschutzbund angehören: „Das Scheitern der Verhandlungen über die Aufnahme von Kinderrechten im Grundgesetz ist ein herber Dämpfer für die Kinder, Jugendlichen und Familien unseres Landes, die in den vergangenen Monaten ohnehin schon wenig Unterstützung erfahren haben.“

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