Urteile wegen Waffenexporten von Heckler & Koch nach Mexiko rechtskräftig

Die Justitia - ein Symbol der Rechtsstaatlichkeit
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Ein Erschleichen der Erlaubnis für einen Waffenexport kann nach dem Außenwirtschaftsgesetz bestraft werden – nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz allerdings nicht. So lässt sich eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe vom Dienstag zusammenfassen. Es ging um Bewährungsstrafen gegen zwei ehemalige Angestellte von Heckler & Koch und um eine Zahlung in Millionenhöhe, welche die Waffenfirma wegen der Ausfuhr von tausenden Sturmgewehren und Magazinen nach Mexiko leisten muss. (Az. 3 StR 474/19)

Rüstungsexporte müssen in Deutschland vom Bundeswirtschaftsministerium und vom Bundesamt für Ausfuhrkontrolle genehmigt werden. Dem Antrag müssen sogenannte Endverbleibserklärungen beigefügt sein. Darin steht, wo die Waffen schlussendlich eingesetzt werden sollen. Im Fall von Mexiko dürfen Waffen nur in einige Regionen exportiert werden, in Unruheprovinzen aber nicht.

Zwei Mitarbeiter von Heckler & Koch, um die es in diesem Verfahren nicht ging, sollen in den 2000er Jahren von mexikanischen Behörden falsche Erklärungen eingeholt haben, nach denen die Waffen nur in unbedenkliche Regionen gehen sollten. Auf Grundlage dieser falschen Erklärungen wurden die Exporte genehmigt. In den Genehmigungen wurden allerdings die Provinzen nicht noch einmal aufgezählt. Dort stand nur das Land Mexiko. 

Schlussendlich sollen viele Gewehre in Krisengebieten gelandet sein, unter anderem in der Provinz Guerrero, wo Polizisten im Jahr 2014 eine Gruppe Studenten angriffen und sechs von ihnen töteten. 43 junge Männer wurden damals von einer Bande Drogenhändler entführt und ermordet.

Das Landgericht Stuttgart verhandelte über die Waffenexporte, nachdem der Rüstungskritiker Jürgen Grässlin zusammen mit dem Rechtsanwalt Holger Rothbauer das Unternehmen angezeigt hatte. 2019 wurden einige Mitarbeiter von Heckler & Koch in leitenden Positionen freigesprochen. Einer der beiden Hauptverdächtigen ist außerdem noch in Mexiko und wird gesondert verfolgt, ein anderer ist mittlerweile verstorben.

Ein früherer Vertriebsleiter wurde aber in Stuttgart wegen bandenmäßiger Ausfuhr von Waffen aufgrund erschlichener Genehmigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz zu einer Geldstrafe und einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt, eine frühere Sachbearbeiterin wegen Beihilfe zu einer Bewährungsstrafe und Sozialstunden. Zudem entschied das Landgericht, dass Heckler & Koch die mit der Tat erzielten Erlöse nicht behalten darf und darum 3,7 Millionen Euro zahlen muss.

Gegen die Entscheidungen legten mehrere Parteien Revision ein: Die Staatsanwaltschaft wollte, dass die beiden Angeklagten auch wegen Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz verurteilt werden. Die Angeklagten selbst forderten einen Freispruch. Und Heckler & Koch wollte nicht zahlen.

All diese Revisionen wies der BGH nun größtenteils ab. Das Landgericht habe keine Rechtsfehler begangen, sagte der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer bei der Urteilsverkündung. Nur über einen geringen Teil der Summe wird noch einmal gesondert verhandelt. Dabei geht es um die am längsten zurückliegende Tat, bei der ein in der Zwischenzeit ergangenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Einziehung von Taterträgen bei Verjährung einbezogen wird.

Etwa drei Millionen Euro muss das Unternehmen sicher zahlen. Es sei unerheblich, dass die Geschäftsführung nicht in die Taten verstrickt gewesen sei, sagte Schäfer. Der Gesetzgeber habe mit den entsprechenden Regelungen sicherstellen wollen, dass in verbotene Geschäfte investiertes Geld unwiederbringlich verloren gehe.

Eine Verurteilung der beiden Angeklagten nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz hielt der BGH für unmöglich. Laut Außenwirtschaftsgesetz gilt eine erschlichene Genehmigung als nicht erteilt. Im Kriegswaffenkontrollgesetz gibt es aber keine entsprechende Regelung, selbst wenn es um dieselben Vorgänge geht, wie Schäfer betonte. „Diese Rechtslage gegebenenfalls zu ändern, wäre Aufgabe des Gesetzgebers“, sagte er.

Rüstungskritiker Grässlin zeigte sich größtenteils zufrieden mit dem BGH-Urteil. Es habe die Defizite des Rechts aufgezeigt, sagte er der Nachrichtenagentur AFP. Ähnlich äußerte sich der Anwalt Holger Rothbauer, der nun ein neues Gesetz zur Rüstungskontrolle forderte. Dieses müsse „richtige Endverbleibserklärungen verlangen, die auch kontrolliert werden.“

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