Gescheitert! Bayerischer Verwaltungsgerichtshof lehnt Eilklagen gegen teilweisen Lockdown ab

Symbolbild: Coronavirus
Symbolbild: Coronavirus

Der bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat in einem Eilverfahren Klagen gegen den neuerlichen Lockdown im Gast- und Übernachtungsgewerbe abgelehnt. Die Maßnahmen beträfen den Freizeitbereich und hielten andere Wirtschaftssektoren und den Bildungsbereich größtenteils offen, begründete das Münchner Gericht seine Entscheidung vom Donnerstag. Das sei angesichts derzeit stark steigender Infektionszahlen „bei summarischer Prüfung nicht offensichtlich unverhältnismäßig oder gleichheitswidrig“. (Az 20 NE 20.2468)

Nach Angaben der Richter war dabei auch zu berücksichtigen, dass den Firmen „erhebliche staatliche Entschädigungsleistungen“ als Ausgleich für Ausnahmeausfälle angekündigt wurden. Zweifel hegte das Gericht daran, dass die den neuen Maßnahmen zugrundeliegenden Bestimmungen des Bundesinfektionsschutzgesetzes, auf die sich die entsprechenden Regelungen in der bayerischen Corona-Verordnung stützen, dem Prinzip des sogenannten Parlamentsvorbehalts genügen.

Das Prinzip besagt, dass alle für eine Gesellschaft bedeutenden Entscheidungen unmittelbar von den gewählten Volksvertretern im Parlament getroffen werden müssen. Laut Gericht gilt das auch für Beschränkungen des Rechts auf freie wirtschaftliche Betätigung.

Angesichts der mit der Frage des Parlamentsvorbehalts verbundenen „offenen Rechtsfragen“ sei im Eilverfahren jedoch eine Abwägung hinsichtlich der Folgen vorzunehmen, erklärten die Richter in ihrem nicht anfechtbarem Beschluss. Dabei sei mit Blick auf die enorme Infektionsdynamik „das Schutzgut Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen“ höher zu veranschlagen. Zu beachten seien auch die angekündigten staatlichen Ausgleichszahlungen und die Tatsache, dass die Maßnahmen auf vier Wochen befristet seien.

Parallel wiesen der baden-württembergische Verwaltungsgerichtshof (VGH) sowie das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern am Donnerstag in Eilverfahren mehrere Klagen von Urlaubern gegen das seit Montag geltende Beherbergungsverbot in den zwei Bundesländern zurück. Der VGH meldete aber ebenfalls Zweifel daran an, ob der Parlamentsvorbehalt erfüllt sei. Die Richter verwiesen zudem auf mögliche Konflikte mit dem Prinzip der Gleichbehandlung.

Wie ihre bayerischen Kollegen vertraten sie aber die Auffassung, dass die Klärung dieser Fragen wegen der Dringlichkeit der Lage im Eilverfahren zunächst zurückzustehen habe. Der Abwendung von gesundheitlichen Gefahren für eine Vielzahl von Bürgern und der Verhinderung einer Überlastung des Gesundheitssystems sei Vorrang zu geben, hieß es. 

Rechtswidrige Eingriffe in die Berufsfreiheit der Besitzer von Hotels und anderen Beherbungsbetrieben erkannten die Richter nach vorläufigen Bewertung nicht. Die Maßnahmen seien aus diesem Blickwinkel „voraussichtlich verhältnismäßig“, hieß es in der Mitteilung zu dem Urteil. Auch die baden-württembergischen Richter argumentierten dabei mit den staatlichen Zahlungen, die Umsatzausfälle ausgleichen sollen.

Bund und Bundesländer hatten sich angesichts einer dramatischen Zuspitzung der Corona-Situation auf einen vierwöchigen teilweisen Lockdown im Freizeit-, Kultur-, Sport- und Gastronomiebereich geeinigt. Dieser begann am Montag und soll bis zum 30. November dauern. Gaststätten, Hotels, Theater, Kinos, Fitnessstudios und ähnliche Einrichtungen müssen schließen. Die Regelungen sind bundesweit identisch, werden aber jeweils von den Ländern in Verordnungen umgesetzt. 

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